Jahrelang war der Fotograf Thomas Burla aus Zürich im Tessin unterwegs, um Kamine aufzuspüren und mit der Kamera festzuhalten. Gefunden hat er sie in gehobenen Wohnsitzen, in Alphütten, in Grotti. Jetzt hat er seine Aufnahmen in Buchform veröffentlicht, eine stattliche Sammlung von alten, neuen, historischen, kulturgeschichtlich interessanten, zum Teil restaurierten, zum Teil zerfallenen Objekten, jeweils in der dazu gehörenden Umgebung, so dass sie Auskunft über eine bestimmte Lebensform geben.

Kamin Burla Tessin

Kamin in einem Haus in Broglio, Val Lavizzara
© Thomas Burla

Vor allem dieser Zugang hat mich interessiert, als Thomas Burla mich fragte, ob ich für sein Buch einen Text schreiben würde. Abgesehen vom fotografischen Aspekt als anonyme Objekte habe ich den Schwerpunkt auf die Kamine als Mittelpunkt verschiedener Lebensorte gelegt.

Mit Kaminen sind hier nicht die Rauchabzüge, auch Schornstein genannt, gemeint, sondern die Feuerstelle. Rund um sie herum haben sich die Menschen versammelt und gekocht, gegessen, ausgeruht, sich gewärmt. Als Cheminée haben die Kamine eine bauliche Fortsetzung erfahren.

In dem Buch wird die Auswahl der Beispiele auf den Kanton Tessin beschränkt, der in der Vergangenheit ein armer Kanton war, wo die Menschen ein einfaches, oft extrem schweres Leben führen mussten. Auf dieser Grundlage war es in Ansätzen, aber mit dem erklärten Ziel möglich, Kamine unter einem ethnologischen Gesichtspunkt zu sehen und am Beispiel von ihnen die Lebensweise der Menschen zu rekonstruieren. Jede Aufnahme im Buch ist eine Beschreibung davon, jede einzelne erzählt eine andere Lebensgeschichte, jede mit der gleichen visuellen Dichte und narrativen Eindrücklichkeit.

Thomas Burla: Camini. Tessiner Feuerstellen. Edition Howeg. ISBN 978-3-85736-250-7. Fr. 69.--/€ 58.--